Die sieben Sünden des Online-Selling – Teil 2

Die einfache Rezeptur für eine erfolgreiche Kaufabwicklung lautet: Kurze Wege, maximaler Komfort. Doch eben gerade an dieser schlichten Kundenforderung beißen sich viele Online-Händler sprichwörtlich die Zähne aus. Den Unterschied zwischen gut gemacht und gut gemeint beleuchtet der zweite Teil unseres Selling-Sündenregisters.

Er verschließt sich, wo Hilfe gebraucht wird

Wenn alle Stricke gerissen sind, soll häufig die Abteilung „Service und Support“ die Sache wieder richten. Obwohl hier oft die Meinung herrscht, dass eigentlich keine Probleme auftreten dürften, wenn alle bisher aufgezeigten Klippen erfolgreich umschifft worden wären. So schiebt man sich in manchen Unternehmen den schwarzen Peter hin und her und lässt die Besucher zum eigenen Schaden im Regen stehen. Aber wie immer gibt es auch in jedem Online-Shop für etliche Besucher noch offene Fragen, selbst wenn alles glasklar präsentiert wird und ganz einfach zu bedienen ist. Zahlreiche Online-Anbieter verweisen in solchen Fällen gern auf ihre umfangreichen Kontaktmöglichkeiten: Per eMail und per Telefon könne man als Kunde ihr Unternehmen ganz einfach erreichen. Und auch eine umfangreiche Liste aller bislang aufgetretenen Fragen habe man beantwortet und im Online-Shop unter „FAQ“ zur Verfügung gestellt.

Ob und wie diese Kommunikationsmöglichkeiten von den Kunden und solchen, die es werden sollen, allerdings genutzt werden, wird nicht im Zusammenhang mit dem Thema „erfolgreicher Online-Shop“ sondern unter dem Stichwort „lästige Kostentreiber“ diskutiert. Zugegeben: Die Kunden werden immer anspruchsvoller. Mittlerweile erwarten sie schnelle und kompetente Antworten zum Beispiel auch auf komplizierte eMail-Anfragen – die sie allerdings in vielen Fällen nach wie vor nicht erhalten. Im Fall von Kreditinstituten belegt eine wissenschaftliche Untersuchung, die gemeinsam von der Absolit Dr. Schwarz Consulting und der Walter TeleMedien Holding GmbH im Oktober 2003 herausgegeben wurde, dass jede fünfte eMail noch immer unbeantwortet bleibt. Und auch wenn man eine Antwort erhält, ist sie in jedem zweiten Fall inhaltlich unbefriedigend.

Auch der Support per Telefon ist nicht des Rätsels Lösung: Die Experten diskutieren noch darüber, wie hoch nun tatsächlich die Kosten für die Entgegennahme eines Kundenanrufs sind. Fest steht aber schon jetzt: Es ist teuer. Und häufig trifft diese Form des Supports noch nicht einmal die Wünsche der Kunden. Denn in vielen Fällen geht es den potentiellen Käufern nur um Kleinigkeiten, zum Beispiel etwa die Bestätigung, dass ein Produkt tatsächlich zu 100 Prozent aus Bienenwachs besteht. Ob sich da ein Anruf lohnt? Schneller ist man doch, wenn man einfach einen anderen Anbieter aufsucht, der die fehlende Information schon im eShop liefert.

Eins sollte also klar sein: Auch wenn ein eShop die Sünden eins bis vier vermeidet, macht das einen gut durchdachten Kundendienst im Sinne von Service- und Supportangeboten nicht überflüssig. Das Thema sollte also keineswegs stiefmütterlich behandelt werden. Eine möglicherweise sinnvolle Ergänzung der grundlegenden Kontaktmöglichkeiten per eMail und per Telefon stellt in zunehmendem Maße der Live-Chat dar. Immerhin nutzten laut Forrester Research im vergangenen Jahr bereits 30 Prozent aller Online-Shopper diese webspezifische Form der Kommunikation, im Jahr 2001 waren es erst 19 Prozent. Und die Akzeptanz wird weiter steigen, denn die Generation der „Online Chatting Teens“ wird langsam erwachsen. Bis zum Jahr 2007 sollen annähernd 60 Prozent der Kunden Chat-Erfahrung besitzen. Die Lücke zwischen Kundenservice per eMail oder per Telefon könnte also geschlossen werden. Aber auch beim Live-Chat-Angebot gilt es, das richtige Maß und die passende Ansprache zu finden. „Wir werden uns sofort um Sie kümmern“ oder „Einen Moment, bitte“ stellen sicherlich keine besonders attraktiven Gesprächsangebote dar…

Sind seitens des Kunden Produkt, Preis und Anbieter für gut und vertrauenswürdig befunden worden, scheint dem Abschluss der Transaktion im Grunde nichts mehr im Wege zu stehen. Doch selbst an diesem Punkte kommt es immer wieder vor, dass dem Online-Händler noch Kunden „vom Haken“ gehen. Und diese eher spontane Entscheidung hängt wiederum am lieben Gelde. Denn auch bei durchaus vorhandener Kaufbereitschaft scheitert eine beträchtliche Kundenzahl in Anbetracht mangelhafter Bezahlmöglichkeiten des Online-Shops. So werden entweder zu wenig Zahlungsalternativen angeboten oder es handelt sich schlicht und ergreifend um die falsche Auswahl. Wer seine Kunden nicht noch an der Kasse verlieren möchte, sollte zumindest auf die drei Top-Zahlungsvarianten Kreditkarte, Lastschrift und Rechnung setzen, auch wenn letztere vielleicht nicht für alle Produkte und Kunden empfehlenswert ist. Denn mittels dieser drei genannten Zahlverfahren wurden im vergangen Jahr von den deutschen Online-Shoppern laut einer Untersuchung des ePayment-Spezialisten Pago mehr als 98% aller Waren bezahlt. Dabei lagen Kreditkarte und Lastschrift mit etwas mehr als 40 Prozent fast gleichauf, während es die Lieferung auf Rechung auf gut 17 Prozent gebracht hat. Demgegenüber spielen Vorkasse und Nachnahme nur eine untergeordnete Rolle. Dem Elektronik-Shop Kochs sind derartige Statistiken aber wohl eher unbekannt, wie ein Blick auf seine Bezahloptionen verrät. Zwar bietet der Händler eine ganze Reihe von Zahlungsvarianten an (Bar, Vorkasse, Nachnahme, Rechnung (erst ab der 3. Bestellung!), Safetrade und Leasing), doch seine favorisierten „Lieblinge“ Lastschrift und Kreditkarte sucht der Besucher hier vergebens.

Unverzichtbar wird die Kreditkarte, wenn auch internationale „Laufkundschaft“ angesprochen werden soll. Das beste mehrsprachige Online-Angebot verfehlt sein Ziel, sobald die Kreditkarte als Zahlungsvariante nicht angeboten wird. Und hier sind es vor allem die Dienste von Visa und MasterCard, die weltweit von den Kunden nachgefragt werden.

Jedoch ist diese Betrachtung für sich genommen nicht weit reichend genug. So gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem durchschnittlichen Wert des Warenkorbs und der genutzten Bezahlvariante. Die Kreditkarte wird hierbei eher für größere Einkäufe (mehr als 100 Euro) verwendet, während bei der Lieferung gegen Vorkasse bzw. auf Nachnahme der Wert des Warenkorbs in der Regel (
Einen Sonderfall stellen Anbieter von digitalen Inhalten wie Zeitungsartikeln, Klingeltönen oder Handylogos dar. Hier würden die wenigsten Kunden für den Gegenwert von einigen Cents oder wenigen Euro ihre Kreditkarten- oder Kontodaten preisgeben. Ganz davon abgesehen, sind die Transaktionsgebühren auf Händlerseite auch viel zu hoch, als dass sich diese klassischen Bezahlvarianten rechnen könnten. Und die derzeit am Markt befindlichen Micropayment-Verfahren verlangen vom Nutzer entweder eine Anmeldung – eine ganz hervorragende Möglichkeit zum Verlassen des Einkaufswagens – oder setzen auf die Abrechung via Telefonanruf einer entsprechenden Nummer, was nicht selten den gleichen Effekt hat. Im Vorteil scheinen hier Provider und allen voran Europas größter Vertreter dieser Spezies T-Online zu sein. Denn bei denen reicht zum Bezahlen kleinerer Beträge der eigene Telefon- bzw. Internetanschluss. Bezahlt wird dann einfach ganz unkompliziert und herkömmlich über die Provider- oder Telefonrechnung.

Eine transparente und zügige Abwicklung eines Einkaufs im Internet ist auch heute alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Wohl eher um teuer angeschafften CRM-Lösungen als den Wünschen ihres Klientels zu entsprechen, entpuppen sich manchen eTailer noch beim Checkout als äußerst ambitionierte Data-Mining Wettbewerber. Die Beharrlichkeit, mit der sie hier zum Teil kleinste Informationen abfragen, würde wohl jedem Marktforscher zur Ehre gereichen. Ein gutes Beispiel für diesen übertriebenen Ehrgeiz stellt der ansonsten eigentlich recht gelungene Online-Shop Gourvita dar. Bei der Betrachtung des notwendigen Prozedere drängen sich jedenfalls gleich eine Reihe von Fragen auf: Wieso muss man sich zunächst ein Profil anlegen und wird dann automatisch Mitglied im Club, nimmt an Gewinnspielen teil und bekommt„ kostenfreie Specials“- was auch immer das sein mag?

Nicht weniger kritisch ist es, wenn bei der Kontaktdatenerhebung Formularseite auf Formularseite folgt, ohne dass sich für den folgsam registrierenden Nutzer in irgendeiner Weise absehen ließe, wann das gesamte Prozedere endlich ein Ende hat. Im schlimmsten Falle verlässt er das Angebot völlig entnervt auf der vorletzten Formularseite. Eine einfache Fortschrittsanzeige (Bsp: Zweitausendeins) kann hier zweckmäßig für Klarheit sorgen und – bei entsprechender Verlinkung – dem Nutzer zusätzlich die Möglichkeit einräumen, zwischen den einzelnen Seiten hin- und her zu springen und eventuell bereits vorgenommene Einträge zu korrigieren ohne dabei die gesamten Daten erneut eingeben zu müssen.

Unter besonderen Artenschutz gestellt gehören für jeden eTailer die Stammkunden. Insbesondere ihnen sollte man keine zusätzlichen Stolpersteine in den Weg legen und sie überdies wissen lassen, wie sehr man sie schätzt. Das heißt, der Name und das Passwort sollten für eine Bestellung ab dem zweiten Besuch auf der Website eigentlich ausreichen um eine Transaktion in die Wege zu leiten. Der höfliche Online-Shop hat dementsprechend natürlich bereits beim Erstbesuch nachgefragt, ob er sich die notwendigen Daten für einen eventuellen Folgebesuch einfach merken darf.

Ein gutes „Handling“ des Warenkorbs kann auch dafür sorgen, dass keine Umsätze leichtfertig verschenkt werden. Einmal in den Warenkorb gelegte Artikel sollten auch noch nach dem spontanen Verlassen und anschließenden Wiederkehren auf eine Website noch vorzufinden sein. So sind z.B. beim Branchenprimus Amazon die einmal in den Warenkorb gelegten Produkte noch nach Tagen für den Nutzer einsehbar. Doch den einmal abgelegten Artikel wieder zu finden ist die eine Sache, ihn anschließend auch noch modifizieren zu können, eine ganz andere. Gute Warenkorblösungen ermöglichen es dem Nutzer, sich ganz ähnlich einem Einkauf in einem Ladengeschäft zu verhalten. Ist der Kunde beispielsweise noch unentschlossen, in welcher Farbe oder Größe er sein Produkt gern erwerben möchte, gestattet ihm ein leistungsfähiger Warenkorb die Veränderung seiner Bestellung noch bis zum Bezahlen der Ware. Selbst das „Stornieren“ einer abgelegten Ware sollte problemlos möglich sein. Hier hat sich inzwischen die Möglichkeit des Zurücksetzens der Bestellmenge auf Null etabliert. Ganz allgemein lässt sich festhalten: Wer mit komplizierten Lösungen arbeitet, riskiert leichtfertig Umsätze. Schließlich ist auch eine niedrigere Bestellung noch immer besser als gar keine.

Das weitaus schlimmste „Sonderangebot“ ist aber zweifellos das, welches im Rahmen des Bestellprozedere mit der einen oder anderen kritischen Zusatzposition aufwartet. Wer etwa der Meinung ist, man könne am besten mit Schnäppchenpreisen Besucher anlocken und dann beim Verlassen des Online-Shops die eigene Marge durch überzogenen Versandkosten aufpolieren, hat die Rechung zumeist ohne den Kunden gemacht. Zwar wird bei kleineren Bestellungen heute kein Kunde mehr ernsthaft verlangen, dass er die Ware versandkostenfrei geliefert bekommt. Ob jedoch wie z.B. beim Elektronik-Shop Pixmania satte neun Euro Versandkosten für ein acht Euro teures USB-Kabel als angemessen zu bezeichnen sind, erscheint zumindest fragwürdig. Und es bleibt natürlich auch die Frage, an welcher Stelle der potentielle Käufer die Informationen über mögliche zusätzliche Kosten erhält. Eine erstmalige Erwähnung kurz vor dem Abschluss der Transaktion wirkt dabei ebenso unseriös wie die Mitteilung eines Mindestbestellwerts an gleicher Stelle. Ein frühzeitiger offener Hinweis auf alle wichtigen Rahmenbedingungen sorgt in jedem Fall für eine größere Transparenz und einen besseren Eindruck.

Abschließend sei noch ein weiterer Aspekt angesprochen, der auch heute für das Online-Shopping von großer Bedeutung ist. Es geht um die Kundenfrage: Ist die Übermittlung meiner sensiblen Daten via Internet überhaupt sicher oder laufe ich nicht vielmehr Gefahr, dass diese Informationen leicht in die Hände Dritter gelangen können? Vor allem die eher unerfahrenen Internetnutzer werden in Anbetracht dieser Frage im Zweifelsfall lieber auf den Web-Einkauf verzichten. Zusätzliches Vertrauen kann hierbei das Angebot der Datenübermittlung via Telefon oder Fax schaffen. Dies setzt natürlich entsprechend auch die Bereitstellung einer eigenen Hotline bzw. eines ausdruckbaren Bestellscheins voraus. Ganz nebenbei schützt diese Methode – auch wenn sie sicherlich auch arbeitsintensiver ist – vor Spaßbestellungen und ähnlichem.

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