Digitaler Mobilfunk wird 15

Dank der weltweiten Standardisierung und der rapiden technologischen Entwicklung kann GSM seit seiner Einführung auf eine hohe Durchdringung zurückblicken: Innerhalb von nur 15 Jahren verzeichnete der digitale Mobilfunk in Deutschland ein Penetrations-Wachstum von ein auf über 100 Prozent – unterm Strich eine solide Erfolgsgeschichte.

Vom elitären Produkt zum Massendienst Vor 15 Jahren fand am 30. Juni die Markteinführung des digitalen Mobilfunks in Deutschland statt. Die ersten digitalen Mobilfunknetze wurden von T-Mobile und Vodafone (damals Mannesmann Mobilfunk) eröffnet und arbeiteten nach dem GSM-Standard. Die anderen beiden Mobilfunkbetreiber e-plus und o² kamen 1994 bzw. 1998 als weitere Anbieter hinzu mit Diensten auf der Basis von DCS 1800. Die auch übliche Bezeichnung „D“-Netze steht nicht für „digital“ sondern signalisiert, dass es sich um die 4. Generation der öffentlichen Mobilfunknetze in Deutschland handelt. Voran gegangen waren die A, B und C-Netze. Diese Netze arbeiteten analog und waren auf Deutschland begrenzt. Andere Länder hatten andere Standards für ihre analogen Netze umgesetzt (z.B. AMPS, TACS), die nicht mit der deutschen Lösung kompatibel waren. Immerhin bot das C-Netz dem Kunden schon die Möglichkeit des Selbstwahldienstes im Vergleich zu der Vermittlung über den Netzbetreiber! Die Kundenzahlen in den GSM-Netzen waren am Anfang noch bescheiden und erhöhten die Anzahl der Mobilfunknutzer im analogen C-Netz mit damals stolzen ca. 200.000 Teilnehmern im Jahr 1991 nur langsam. Den Spitzenwert erreichte das C-Netz 1993 mit über 800.000 Teilnehmer, in der Folge haben die Teilnehmerzahlen dann durch die Substitution durch die D-Netze stetig wieder abgenommen bis zur endgültigen Abschaltung im Jahr 2000. Im Laufe der Jahre stiegen die Teilnehmerzahlen dann allerdings stetig an. Kaum jemand hätte allerdings damals vorhersagen können, dass sich die Anzahl der Mobilfunkkarten innerhalb von 15 Jahren mit über 80 Mio. mehr als verhundertfachen werden! Vorsichtige Planungen prognostizierten für 1998 knapp 2 Mio. Teilnehmer in den D-Netzen, tatsächlich waren es 1998 bereits knapp 14 Mio., also sieben mal soviel wie in der Planung unterstellt! Faktoren des ErfolgsEin treibender Faktoren für das Wachstum war neben den sinkenden Preisen für Gespräche die sichere Versorgung mit zunehmend mehr unterschiedlichen und dabei immer kleiner werdenden Mobilfunkgeräten, die nur in Deutschland auf den verballhornten Begriff „Handys“ hören. Durch die Subvention der Mobilfunkgeräte bis auf Preise von € 1 bei Abschluss eines neuen Vertrages (anstatt der tatsächlichen Kosten in Höhe von einigen hundert Euro) wurde die Eintrittsbarriere deutlich abgesenkt. Dies hat dem Absatz einen kräftigen Schub gegeben.Ein anderer Wachstumstreiber war die einige Jahre nach Marktstart 1997 eingeführten Prepaid-Karten-Lösung als Alternative zu den Vertrags-Angeboten. Nach einem starken Anstieg auf bis 55 % in 2000 ist der Anteil der Prepaid-Karten wieder leicht rückläufig und beide Produkte haben derzeit jeweils etwa 50 % Marktanteil. Ebenfalls bemerkenswert ist, dass heute über 93 % aller Jugendlichen im Alter von 13 bis 20 Jahren mindestens ein Handy nutzen. Zu Beginn der digitalen Mobilfunkzeit und auch bis Mitte der 90er Jahre galt der Mobilfunk als ein teures und elitäres Produkt! Nur wenige Produkte schaffen ein ähnlich eindrucksvolles Wachstum! Gleichzeitig sind natürlich die monatlichen Durchschnittsumsätze (ARPU) auf weit unter die Hälfte des damaligen Wertes gefallen und die Churnrate deutlich gestiegen, so dass die meisten Anbieter bevorzugt 24-Monats-Verträge vermarkten. Unterstützt durch diese Wachstumstreiber und die zunehmende Flächendeckung in der Netzversorgung ist die Teilnehmerzahl nach 15 Jahren auf über 60 Mio. angestiegen, die durch Mehrfachverträge über 80 Mio. Mobilfunkkarten nutzen! Dieses Wachstum war zu Beginn so selbst unter optimistischen Annahmen nicht vorher zu sehen! Im Vergleich zu den oben angeführten Wachstumstreibern brachte die Einführung der UMTS-Netze, für die die Betreiber zusammen fast € 50 Mrd. an Lizenzgebühren gezahlt haben, nur wenig zusätzlichen Schub im Hinblick auf die Teilnehmerzahlen und „Killerapplikationen“ für die UMTS-Netze sind immer noch nicht in Sicht! Weder haben sich Multimedia-Nachrichten (MMS) gegenüber den erfolgreichen SMS durchsetzen können, noch konnte mobiles Fernsehen wesentliche Nutzerzahlen erzielen.Vorteile für den AnwenderEs wird weiter interessant bleiben, wie sich der Mobilfunkmarkt in den nächsten Jahren verändern und weiter entwickeln wird. Neue Geschäftsmodelle wie z.B. der Service Provider (ab 1991) oder der MVNO (seit 2004) sind entstanden, haben das Angebot verbreitert und durch die Kräfte des Wettbewerbs zu niedrigeren Preisen im Markt geführt. Nach Jahren komplizierter Tarifstrukturen haben insbesondere die Discount-MVNOs mit ihren auf die Basis-Anwendungen reduzierten „No-Frills“ Produkten zu einer deutlichen Vereinfachung und zu einer signifikanten Preisreduktion geführt. Der Erfolg dieses Geschäftsmodells wird sicher auch von dem Wunsch der überwiegenden Mehrzahl der Nutzer getragen, die mit ihrem Handy in erster Linie mobil telefonieren oder via SMS kommunizieren wollen.So ist auch Aufrüstung der Mobilfunkgeräte mit immer mehr Funktionen von fraglichem Vorteil. Ein Mobiltelefon für die reine Sprachkommunikation sollte möglichst klein und leicht sein mit einfacher Bedienung und langer Akku-Laufzeit. Ein Gerät für mobile Datenkommunikation braucht ein größeres Display und eine richtige Tastatur. Für MP3-Nutzung und die Nutzung als digitale Kamera werden ein großer Speicher eine einfache Benutzeroberfläche von Vorteil sein. Daher wird es in Zukunft vermutlich für die unterschiedlichen Anwendungen eher mehrere unterschiedliche Geräte geben als das eine Hochintegrierte. Die Mobilfunkpreise haben sich im letzten Jahrzehnt so weit reduziert, dass viele Kunden mittlerweile ganz auf einen Festnetzanschluss verzichten und ihre gesamte Sprachkommunikation über Mobilfunk abwickeln. Zu Beginn lagen die Monatsgrundpreise bei € 35 und die Gesprächspreise bei € 0,73 pro Minute. Heute sind € 0,13 pro Minute schon nichts besonderes mehr. Flat Rate Tarife geben zusätzliche Sicherheit bei der Überwachung des Telekommunikations-Budgets. Ausgelöst durch die Europäische Kommission werden ab 2007 auch die Mobilfunkgespräch im Ausland (Roaming-Gespräche) endlich deutlich billiger. Weitere große Preisreduzierungen sind derzeit allerdings nicht ab zu sehen.Aus Anwendersicht dürfte der barrierefreie Übergang in der Nutzung (Seamless Communication) zwischen Mobilfunk, WLAN und WiMAX weitere Vorteile bringen. Mit den Standards UMA und IMS werden der universelle mobile Zugang zu den verschiedenen Netzen mit einem Mobilfunkgerät ermöglicht und die durchgängige Nutzung von Anwendungen über verschiedene Übertragungswege. Für den Anwender ist die Entscheidung für das tatsächlich genutzte Zugangsnetz nur dann von Bedeutung, wenn damit andere Kosten verbunden sind!Zukünftige Entwicklungen im MobilfunkmarktMit dem Abflachen der Wachstumskurve hat sich der Mobilfunkmarkt längst in Richtung eines Verdrängungswettbewerbs verändert, in dem nicht nur kapitalstarke Anbieter Chancen haben bzw. Anbieter mit hohen Kundenzahlen Vorteile durch niedrigere Erstellungskosten realisieren können, sondern auch Anbieter mit innovativen Produkten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass aus einer technischen Neuerung nur dann eine Innovation wird, wenn es einen signifikanten Nutzen für die Anwender in der Zielgruppe gibt. Bei SMS ist dies gelungen (ohne dass die anfangs in diesem Umfang ab zusehen war), MMS ist ein Beispiel dafür, dass die Akzeptanz neuer Anwendung nicht selbstverständlich ist.In Verbindung mit der Konvergenz der Dienste wird der Mobilfunk sicher eine treibende Rolle einnehmen, da die Mobilität in der Kommunikation zu einem Grundbedürfnis in der Gesellschaft geworden ist! Konvergenz, d.h. die Verbindung der verschiedenen Übertragungstechniken auf IP-Basis kann für die weitere Entwicklung der Telekommunikationsdienste neue Akzente setzen. Der Gesamtbereich der mobilen Datenkommunikation gehört mit Sicherheit zu den zukünftigen Wachstumssegmenten. Bei der Umsetzung kann neben den etablierten Netzbetreibern der „enhanced“ MVNO eine wichtige Rolle einnehmen. Bei diesem Geschäftsmodell betreibt er MVNO sein eigenes Kernnetz mit allen wichtigen Komponenten (Vermittlungsrechner, Diensteplattform, Billingsystem, Home Location Register (HLR)) und verbindet dieses mit verschiedenen Anschlussnetzen. Bislang ist noch kein Anbieter nach diesem Modell auf dem Markt, aber das kann sich natürlich auch noch ändern. Es ist also noch nicht ab zu sehen, dass die Entwicklung im Mobilfunk in den kommenden Jahren an Dynamik verlieren wird! Bei Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an:Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group Zum gleichen Thema:  Mobile Kommunikation im Geschäftskundenbereich – Chancen für Telekommunikationsanbieter und IT-Unternehmen  Interaktive Breitband- und Broadcast-Dienste  WiMAX: Neue Geschäftsmodelle in Aussicht

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