Mobile Business – Strategische Bedeutung und Verbreitung

Mobile und konvergente Kommunikation ist auf dem besten Weg sich zu einem zentralen Bestandteil der modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft zu entwickeln. Nicht zuletzt das Schlagwort ‚Mobile Economy’ verdeutlicht, dass die junge Technologie nicht nur für die Telekommunikationsbranche, sondern auch für die gesamte Wirtschaft grundlegende Veränderungen mit sich bringen wird. Dabei werden die Verschiebungen durch zunehmende Mobilkommunikation sowohl im Bereich eBusiness, als auch bei den Endanwendern spürbar sein.

Tatsächlich sind die großen technologischen Fortschritte der modernen Mobilkommunikation längst unbestritten: Mitarbeitern wird der mobile Intranet-Zugang ermöglicht, der Außendienst kann lokalisiert und Auftragsdaten mobil erfasst werden; Anlagen lassen sich per Funkmodul miteinander vernetzen, um Überwachungs- und Steuerungsprozesse abzubilden und zu automatisieren. Trotz zahlreicher Anwendungsszenarien ist jedoch gegenwärtig noch unklar, welchen wirtschaftlichen Stellenwert das Mobile Business – das heißt die Unterstützung von Unternehmensprozessen durch mobile Endgeräte (z.B. Notebooks, PDAs, Mobiltelefone, Funkmodule) – tatsächlich erreichen wird. Wie hoch ist die strategische Bedeutung des Mobile Business? Welche Anwendungen werden bereits eingesetzt oder sind geplant?
Empirisch fundierte Antworten auf diese Fragestellungen geben die Deutsche Gesellschaft für Managementforschung (DGMF) und die Knowledge Intelligence AG (KI AG) in ihrer Studie „Mobile Business 2005/2006“. An der Studie beteiligten sich Entscheider aus insgesamt 160 Unternehmen der zentralen Anwenderbranchen des Mobile Business (22 Konsumgüterunternehmen, 20 Banken & Versicherungen, 28 IT-Unternehmen, 29 Telekommunikations- & Elektronikunternehmen, 33 Maschinen-, Anlagen- & Fahrzeugbauer, 22 Chemieunternehmen, 25 Versorger & Entsorger sowie 27 Sonstige; Abweichungen in der Summe ergeben sich durch Unternehmen, die mehreren Branchen zuzurechnen sind). Die teilnehmenden Unternehmen decken alle relevanten Größenklassen ab – Dax 30-Unternehmen und Großunternehmen sind überrepräsentiert (15 DAX-Unternehmen, 52 Großunternehmen, 93 Mittelständler). Der Großteil der Repräsentanten der teilnehmenden Unternehmen ist dem Top- und Senior-Management zuzuordnen (43 Mitglieder von Vorstand/Geschäftsführung, 62 Bereichsleiter, 26 Abteilungsleiter, 29 Sonstige).
Zentrale Ergebnisse zur strategischen Bedeutung des Mobile Business sowie der Verbreitung einzelner Anwendungen werden im Folgenden zusammenfassend vorgestellt.

Die strategische Bedeutung: Wettbewerbsvorteile durch Mobile Business

Ergebnis 1: Durch gezielten Einsatz des Mobile Business können nach Ansicht der überwältigenden Mehrheit von Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielt werden.

94% der Unternehmen sehen die Möglichkeit, mit Hilfe des gezielten Einsatzes von Mobile Business Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Mit jeweils 96% wird das wettbewerbsstrategische Potenzial in den Branchen Informationstechnologie, Konsumgüter sowie Versorgung & Entsorgung jeweils am höchsten eingeschätzt. In der Gruppe des DAX 30-Unternehmen sehen sogar 100% der Unternehmen die Möglichkeit zur Erringung von Wettbewerbsvorteilen.
Der ganz überwiegende Teil der Unternehmen geht somit davon aus, dass Kunden durch den Einsatz von Mobile-Business-Anwendungen ein gegenüber der Konkurrenz überlegenes Kosten/Nutzen-Verhältnis angeboten werden kann. Die Vorraussetzung zur Erlangung entsprechender Wettbewerbsvorteilen bildet hierbei eine klare wettbewerbsstrategische Ausrichtung der Mobile-Business-Aktivitäten und deren Einbettung in die übergeordnete Unternehmens- und Geschäftsbereichsstrategie.

Ergebnis 2: Der Großteil der Unternehmen sieht Mobile Business als ein Instrument zur Erzielung von Qualitäts- und Kostenvorteilen gegenüber dem Wettbewerb.

92% der Unternehmen sehen die Möglichkeit, durch den Einsatz des Mobile Business Qualitätsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu erzielen. Mit Hilfe des Mobile Business soll Kunden eine „einzigartige“ Leistung angeboten werden, die sich von Konkurrenzangeboten durch Leistungsvorteile positiv abgrenzt. Mehr als drei von vier Unternehmen sehen Mobile Business zudem als ein Instrument zur Erringung von Kostenvorteilen. Im Sinne einer Kostenführerschaftsstrategie können Mobile-Business-Anwendungen hiernach genutzt werden, um einen nachhaltigen Kostenvorteil gegenüber dem Wettbewerb zu erzielen.
Über 70% der Unternehmen halten es sogar für möglich, simultan sowohl Qualitäts- als
auch Kostenvorteile zu realisieren. Auch hier zeigt sich, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologien die weithin unterstellte Unvereinbarkeit der grundlegenden wettbewerbsstrategischen Stoßrichtungen auflösen können. Die konsequente Nutzung der innovativen Mobilfunktechnologien ermöglicht in vielen Branchen die Verfolgung einer so genannten Hybridstrategie, da mobile Anwendungen sehr häufig eine gleichzeitige qualitative Verbesserung und Kostensenkung von Prozessen ermöglichen.

Ergebnis 3: Die Beschleunigung von Prozessen und die Verbesserung des Informations-
qualität stellen die bedeutendsten Ziele des Mobile-Business-Einsatzes dar.

Die Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit (92%) und die Steigerung der Informations-qualität (85%) stellen für Unternehmen die wichtigsten Zielsetzungen im Mobile Business dar. Die Etablierung eines innovativen Images (54%) sowie die Individualisierung von Angeboten (35%) werden geringer bewertet. Der Senkung unternehmensinterner (58%) und -übergreifender Prozesskosten (41%) wird ebenso eine vergleichsweise geringere Bedeutung beigemessen.
Die klare Formulierung eines strategischen Zielsystems bildet eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg im Mobile Business. Eine verlässliche Bewertung und Zielpriorisierungen ist hierbei nur für spezifische Unternehmenssituationen und Branchenbedingungen möglich. Allgemein ist die überragende Bedeutung des Faktors Schnelligkeit im Kontext eines sich intensivierenden Zeitwettbewerbs nicht überraschend. Der Einsatz mobiler Lösungen zur Erschließung von „economies of speed“ hat vor diesem Hintergrund sicher eine besondere Bedeutung. Generell ist mit Blick auf die empirischen Ergebnisse jedoch anzumerken, dass das Wettbewerbspotenzial einer individualisierten Gestaltung mobiler Geschäftsprozesse nicht unterschätzt werden sollte, da die Fähigkeit zur individuellen Gestaltung einer Kundenbeziehung einen wesentlichen Treiber der Kundenbindung darstellt. Die Etablierung eines innovativen Images durch die Nutzung mobiler Technologien kann dahingegen nur einen vorübergehenden Effekt darstellen, der mit der Verbreitung entsprechender Anwendungen. dies zeigen die Erfahrungen aus dem klassischen E-Business – voraussichtlich schnell nachlässt.

Die Verbreitung: Mobile Business in der Unternehmenspraxis

Ergebnis 4: Die Mobile-Business-Aktivitäten der Unternehmen zeigen Schwerpunkte in den Bereichen interner und absatzseitiger Prozessunterstützung.

Unternehmen nutzen ein breites Portfolio von Mobile-Business-Anwendungen. Am häufigsten werden mobile Anwendungen im Bereich Büro (87%), Intranetzugang (72%), Vertrieb (56%) und Service (45%) eingesetzt. Neben den zuvor genannten werden vor allem auch Anwendungen für mobile Ortung & Verfolgung sowie Überwachung für die Zukunft geplant.
Mobiler Einkauf umfasst unter anderem den mobilen Zugriff auf Zuliefererkataloge, den Abruf von Produktverfügbarkeiten sowie mobile Bestellvorgänge und wird aktuell von 23% der Unternehmen genutzt; weitere 8% planen den Einsatz für die Zukunft.
Mobile Ortung & Verfolgung betrifft vor allem Anwendungen zur mobilen Lieferregistrierung, Lokalisierung und Verfolgung von Fahrzeugen/Sendungen und ist derzeit in 15% der Unternehmen im Einsatz; zusätzliche 20% planen den Einsatz entsprechender Anwendungen.
Mobiles Büro deckt z.B. das mobile Empfangen und Senden von E-Mails, die Verwaltung von Kontakten sowie die Termin- und Aufgabenplanung ab und wurde bereits von 87% der Unternehmen realisiert; 10% planen die Umsetzung.
Mobiler Intranetzugang ermöglicht unter anderem den mobilen Zugriff auf Workflows und Informationen sowie die mobile Synchronisation von Daten und wurde ebenfalls bereits von 72% der Unternehmen umgesetzt; weitere 21% werden dies realisieren.
Mobile Überwachung umfasst z.B. die mobile Kontrolle von Lager- und Abverkaufsdaten oder Zählerständen sowie die Fernwartung und Störungsmeldung und wird gegenwärtig von 34% der Unternehmen eingesetzt; 17% planen diese Anwendungen zudem für die Zukunft.
Mobile Steuerung von verteilten Produktionsmaschinen, Automaten oder Fahrzeugfunktionen etc. wird bisher nur von 13% der Unternehmen genutzt; mit weiteren 11% planen auch nur vergleichsweise wenige Unternehmen entsprechende Investitionen.
Mobiler Vertrieb deckt z.B. den mobilen Zugriff auf Kunden- und Produktdatenbanken sowie die Erfassung und Weiterleitung von Bestellungen ab und ist in 56% der Unternehmen implementiert; zusätzliche 21% planen diese Anwendungen.
Mobiler Service betrifft z.B. die mobile Benachrichtigung über einen Service-Fall sowie den mobilen Abruf und die Erfassung von Auftrags- und Servicedaten und ist bereits in 45% der Unternehmen Realität; in weiteren 22% wird dies in Zukunft der Fall sein.
Wettbewerbsvorteile von spezifischen Mobile-Business-Anwendungen resultieren natürlich nicht automatisch aus deren technologischer Realisierung, sondern erfordern vor allem auch eine nutzerorientierte Gestaltung, die den jeweiligen Besonderheiten von Anbietern sowie Kunden und nicht zuletzt natürlich auch Konkurrenten Rechnung trägt. Die erfolgreiche Nutzung mobiler Anwendungen setzt zudem auch eine zielorientierte Integration von Einzelanwendungen in einem abgestimmten Anwendungs-Mix voraus; Insellösungen erweisen sich auch im Mobile Business als ineffizient.

Ergebnis 5: Mobile Vertriebs- und Service-Anwendungen weisen aktuell das höchste Differenzierungspotenzial auf.

Unternehmen investieren vor allem dann in mobile Anwendungen, wenn sie sich von deren Umsetzung bedeutende Wettbewerbsvorteile versprechen. Dementsprechend lässt sich die Verbreitung von Anwendungen zum einen vor dem Hintergrund ihres Differenzierungspotenzials erklären, also ihres Potenzials zur Erringung von Qualitätsvorteilen.
Das höchste Potenzial zur Differenzierung vom Wettbewerb wird gegenwärtig den entsprechend weit verbreiteten mobilen Anwendungen im Bereich Vertrieb (60%), Service (58%), Büro (51%) und des Intranetzugangs (46%) beigemessen. Das Differenzierungspotenzial der weniger verbreiteten Anwendungen für mobilen Einkauf (13%), mobile Steuerung (27%) und Überwachung (36%) sowie Ortung & Verfolgung (37%) wird im Vergleich hierzu von deutlich weniger Unternehmen als hoch oder sehr hoch eingeschätzt.
Als zentraler Erfolgsfaktor der Differenzierung kann noch einmal auf die bereits genannten qualitätsbezogenen Zielsetzungen des Mobile Business verweisen werden. Mobile Anwendungen müssen kritische Prozesse im Idealfall nachhaltig beschleunigen, die Informationsqualität deutlich erhöhen, durch Innovation eine Abgrenzung vom Wettbewerb suchen und eine überlegene Individualisierung leisten.

Ergebnis 6: Das höchste Potenzial zur Kostensenkung wird gegenwärtig den mobilen
Vertriebs- und Office-Anwendungen beigemessen.

Der starke Zusammenhang von Verbreitung mobiler Anwendungen einerseits und ihres wettbewerbsstrategischen Potenzials andererseits zeigt sich auch mit Hinblick auf das wahrgenommene Kostensenkungspotenzial.
Das höchste Potenzial zur Kostensenkung messen Unternehmen den weit verbreiteten mobilen Anwendungen im Bereich Vertrieb (53%), Büro (53%), Service (50%) und Intranet-zugang (47%) bei. Das Kostensenkungspotenzial der vergleichsweise geringer verbreiteten Anwendungen für mobilen Einkauf (20%), mobile Steuerung (23%), mobile Ortung & Verfolgung (26%) sowie mobiler Überwachung (36%) wird im Vergleich hierzu wiederum von signifikant weniger Unternehmen als hoch oder sehr hoch eingeschätzt.
Als Erfolgsfaktor der Senkung unternehmensinterner und -übergreifender Prozesskosten mit Hilfe mobiler Anwendungen kann vor allem auf eine weitest mögliche Prozess- und Systemintegration verwiesen werden.

Zusammenfassung

0. Die kritischen Fragstellungen des Mobile Business können mit Hilfe empirischer Forschung fundiert beantwortet werden.
1. Durch gezielten Einsatz des Mobile Business können nach Ansicht der überwältigenden Mehrheit von Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielt werden.
2. Der Großteil der Unternehmen sieht Mobile Business als ein Instrument zur Erzielung von Qualitäts- und Kostenvorteilen gegenüber dem Wettbewerb.
3. Die Beschleunigung von Prozessen und die Verbesserung des Informationsqualität stellen die bedeutendsten Ziele des Mobile-Business-Einsatzes dar.
4. Die Mobile-Business-Aktivitäten der Unternehmen zeigen Schwerpunkte in den Bereichen interner und absatzseitiger Prozessunterstützung.
5. Mobile Vertriebs- und Service-Anwendungen weisen aktuell das höchste Differenzierungspotenzial auf.
6. Das höchste Potenzial zur Kostensenkung wird gegenwärtig den mobilen Vertriebs- und Office-Anwendungen beigemessen.

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